Brüssel, 20. Oktober. Diese Woche werden die EU-Staats- und Regierungschefs voraussichtlich neue Kernziele für das Klima- und Energieübereinkommen bis 2030 verabschieden. Dazu zählt auch das Ziel, die Treibhausgasemissionen innerhalb der EU bis 2030 um mindestens 40% zu reduzieren. Für den Erfolg der Verhandlungen wird entscheidend sein, welche Optionen den Mitgliedsstaaten zur Verfügung stehen, die Reduktionsbemühungen so billig wie möglich umzusetzen. Es geht nun darum, Flexibilitätsoptionen zu finden, die Klimaschutzziel nicht untergraben.
Die erwartete Entscheidung über das neue Klimaschutzziel, das von allen 28 Mitgliedstaaten einvernehmlich verabschiedet werden muss, hängt davon ab, ob sich die Länder einigen, wie sie die Reduktionsbemühungen aufteilen können. Im Gegensatz zum bereits bestehenden Klimaschutzziel für 2020, bei dem die Hälfte der Reduktionen über internationale Emissionsgutschriften erreicht werden kann, sind bei dem neuen Ziel für 2030 Emissionsreduktionen in den einzelnen Ländern innerhalb der EU vorgesehen.
Einige Länder, beispielsweise Deutschland, das Vereinigte Königreich und Schweden haben jedoch bereits höhere nationale Zielvorgaben angekündigt, die ihnen ermöglichen würden, auch in Zukunft am internationalen Kohlenstoffhandel teilzunehmen. Fast die Hälfte der EU-Länder und auch eine große Zahl europäischer Unternehmen unterstützen ein EU-weites Treibhausgas-Reduktionsziel von „mindestens“ 40%. Dadurch könnten die Türen offen gehalten werden, die Zusage der EU vor dem Klimagipfel in Paris nächstes Jahr noch zu erhöhen. In Paris soll ein künftiges internationales Klimaübereinkommen verabschiedet werden, das das Kyoto-Protokoll ersetzen soll.
Die Länder fürchten jedoch hohe Kosten für Emissionsminderungen, die in Sektoren, die nicht durch das EU-Emissionshandelssystem (EU’s Emissions Trading System, EU ETS) abgedeckt werden, wie beispielsweise im Transportwesen, in der Landwirtschaft oder im Gebäude- und Abfallsektor, erforderlich sind. Einige Länder, wie beispielsweise Ungarn, haben daher einen Handel mit Emissionszertifikaten zwischen den EU-Mitgliedstaaten vorgeschlagen, statt internationale Emissionsgutschriften zu nutzen. Diese Kompensationsmaßnahmen innerhalb der EU (‘domestic offsetting’) sollen darauf abzielen, Emissionsreduktionen in ärmeren EU-Ländern voranzutreiben. Andere Länder, wie Dänemark, halten nicht viel von dieser Option und schlagen vor, dass Länder Emissionszertifikate aus dem EU ETS nutzen könnten, um die Reduktionsziele in diesen Nicht-ETS-Sektoren zu erreichen.
Eva Filzmoser, Direktorin von Carbon Market Watch, kommentierte: „Der dänische Vorschlag, ETS-Emissionszertifikate für Reduktionen im Nicht-ETS-Sektor zu nutzen, ist kurzsichtig, denn er führt nicht zu den tiefgreifenden Veränderungen, die für weitergehende Emissionsreduktionen in den Nicht-ETS-Sektoren erforderlich sind. Die Nachfrage nach Kompensationsprogrammen innerhalb der EU seitens ärmerer EU-Länder würde dadurch ebenfalls verringert“.
Osteuropäische Länder, u.a. Polen, haben vorgeschlagen, Emissionszertifikate aus heißer Luft, die sich aufgrund schwacher Reduktionszielvorgaben im Laufe der gegenwärtigen 2020-Klimagesetzgebung und wegen der Nutzung internationaler Emissionsgutschriften angesammelt haben, in das Klimaübereinkommen 2030 zu übernehmen. Sie wollen die 1,35 Milliarden nicht genutzter Nicht-ETS-Emissionszertifikate für die Nutzung im Rahmen der neuen Klimagesetzgebung 2030 horten.
„Das Horten nicht genutzter Emissionszertifikate ist eine Katastrophe für das Klima, denn es würde tatsächlich dazu führen, dass das 40%-Reduktionsziel um 5% untergraben wird. Andererseits könnten Kompensationsprojekte innerhalb der EU die Flexibilität bieten, die für eine Einigung über das Übereinkommen diese Woche erforderlich sind.“ fügte Filzmoser hinzu.
Ende.
Informationen:
- 2030 Schlupflöcher-Infografik: Kurzinfo 2030 Schlupflöcher-Infografik
- Reaktion auf durchgesickerte Ratsentscheidungen zu 2030 vom 16. Oktober hier
- https://carbonmarketwatch.org/eu2030-loopholes/
Kontakt:
Eva Filzmoser, Direktorin Carbon Market Watch
Tel: +32 499 21 20 81